TEIL III ANHANG
1 Wie finden wir zu einer unwiderlegbaren Richtigkeit?
Die Geologie stellt uns eine Fülle an wissenschaftlichen Forschungsergebnissen und technischem Wissen zur Verfügung. Sie hat vieles aufgedeckt, aber auch vieles noch offen gelassen. Die populärwissenschaftliche Sichtweise verunsichert, weil die Bilder, die sie erzeugt, nicht der Realität entsprechen. Die Gesinnung, aus der sie hervorgehen, ist zum Teil unlauter. Die Gliederung des irdischen Daseins und die Schilderungen der Beobachtungen «im Dialog mit Steinen» gaben mögliche Orientierungshilfen, aber die Basis fehlt noch.
Ich möchte nun Elemente aufzeigen, die auf einer sicheren Beurteilungsbasis ruhen, die wir selbst überprüfen können. Diese Basis sind wir selbst durch unser Intuitionsvermögen.
1.1 Eine Anekdote
Ein Grossteil meiner beruflichen Tätigkeit arbeitete ich in der Heilpädagogik. Dazu eine kleine Anekdote.
Eine Oberstufenklasse kam zu mir in den Werkunterricht. Diesmal hatte ich Stühle um die Wandtafel gestellt, und als sie sich gesetzt hatte, nahm ich eine Kreide und zog freihändig eine Kreislinie an die Tafel. «Was habe ich da gezeichnet?», fragte ich. «Einen Kreis», lautete die Antwort. «Schaut euch diesen Kreis mal genauer an», forderte ich sie auf, «ist er richtig?» Wenn man einen Kreis freihändig zeichnet, so sieht er anders aus, als wenn man ihn mit dem Zirkel zieht. Da meldete sich ein Schüler: «Da rechts, das stimmt nicht ganz». «Wo genau?», fragte ich, «komm an die Tafel und leg deine Finger drauf». Er kam nach vorne und genau dort, wo die Kreislinie einbog, legte er seine Finger hin. «Soll die Linie nach aussen oder nach innen gehen?», fragte ich ihn. «Nach aussen», war seine Antwort. «Dann korrigiere ich die Linie», sagte ich und zog die Korrekturlinie. Nun waren alle Schüler aufmerksam geworden und als ich sie weiter fragte, kamen spontan viele andere nach vorne und gaben ihre Tipps. Der Kreis wurde perfekt. Dann fragte ich die Klasse: «Woher wisst ihr das alles? Nirgendwo konntet ihr die Kreislinie mit einem Kreis vergleichen. Womit habt ihr also meine Kreislinie verglichen? Ihr trägt das Bild des vollendeten Kreises in euch. Ihr braucht mich nicht mehr zu fragen, ob eure Schalen kreisrund sind, ihr könnt eure Schalen selbst korrigieren».
Die Anekdote zeigt auf, dass wir unseren geistigen Fähigkeiten viel mehr Vertrauen schenken sollten. Wir finden die Wahrheit nicht durch Vergleiche, durch Nachschlagewerke und Berechnungen oder indem wir Google oder KI befragen. Wir sind hier selbst die Quelle, die zu befragen ist.
1.2 Eine kleine Übung
In meinen Beiträgen gibt es viele Bilder (Fotos und Skizzen). Sie sind nur ein Mittel, um die Leser an Bild-Inhalte heranzuführen. Die Wirklichkeit liefern diese Bilder nicht. Sie geben dem Leser nur die Möglichkeit, durch Eigen-Beobachtung den Schlüssel zu verborgenen Inhalten zu finden. Den Erkenntnis-Akt kann nur jeder selbst vollziehen, der kann nicht «mitgeliefert» werden. Deshalb möchte ich an dieser Stelle eine kleine Übung einfügen.

Schauen Sie sich das nebenstehende Bild an. Wenn ich sagen würde: "Hier sehen Sie einen Granat (Almandin), der schön rot glänzt und der die Form eines Rhombendodekaeders hat", dann wäre das ein Bildchen mit einer Etikettenunterschrift. Man nimmt es zur Kenntnis und meint es «gesehen» zu haben. Bilder mit Unterschriften dieser Art sind schlichtweg illusorisch. Warum? Weil man sich mit dem Inhalt gar nicht verbunden hat. Wer meint, auf dem Bild einen Raumkörper zu erkennen, muss sich bewusst machen: Dieses Bild ist zweidimensional und die abgewandte Seite des vermeintlichen Körpers ist gar nicht zu sehen.
Als ich den Granat zum ersten Mal in den Händen hielt, musste ich ihn drehen und wenden. Dann zählte ich die Flächen, die das Volumen begrenzten. Alle Flächen waren rhombenförmig. Ich zählte 12 Flächen und sie «passten» alle zusammen, ohne Unterbruch. Ich kam zu dem Schluss: Dieses Gebilde ist ein «Zwölfflächner» und deshalb darf ich es ein Dodekaeder nennen und weil die Flächen alle rhombenförmig sind, ist der Ausdruck «Rhombendodekaeder» für diesen Raumkörper zutreffend.
War das schon alles? Noch lange nicht!
Ich betrachtete ihn weiter. Verfolgte ich die hell-aufleuchtende Kante (siehe oberes Bild) nach oben bis zur Spitze, so formten die Kristallspitze drei rhombenförmigen Flächen. Verfolgte ich dieselbe Kante nach unten, so erhielt ich eine Kristallspitze, die aus vier rhombenförmigen Flächen gebildet war. Als ich alle Kanten darauf prüfte, da stellte ich fest, dass diese eine Beobachtung für alle Kanten galt. Für alle 24 Kanten und alle 14 Spitzen gilt dieser rhythmische Wechsel wie ein Gesetz. Zusammenfassend kann ich sagen: An sechs der Kristallspitzen grenzen vier Kanten (oder Flächen) und an acht der Kristallspitzen grenzen drei Kanten (oder Flächen).
Alles, was ich zu diesem Bild gesagt habe, war kein willkürliches «Geschwätz», sondern eine klare Betätigung des Denkens, die jeder, der diese Beschreibung folgt, nachvollziehen und bestätigen kann. Alles, was ich über das Bild sagte, entstammte nicht dem Bild, sondern der denkenden Betrachtung des Bildes.
Begriffe haben universelle Werte (die Flächenanzahl, die Form der Flächen, die Kantenverläufe und Kristallspitzbildungen). Sie verbinden sich nicht willkürlich mit dem Wahrnehmungsobjekt. Durch den Erkenntnisakt werden sie spezialisiert. Sie vereinigen sich mit dem Beobachtungsobjekt in einer individualisierten Form und diese individualisierte Form nenne ich meine Vorstellung vom Objekt.
Die Quintessenz dieser Ausführung ist für den gesamten Verlauf meiner schriftlichen Ausführungen wesentlich. Habe ich in dieser kleinen Übung irgendwo ein Messgerät benutzt? Habe ich Daten verarbeitet?Dazu konnten Sie meine Schilderungen überprüfen und konnten sie bestätigen. Die Quelle meiner Schilderungen entstammt weder der sinnlichen Wahrnehmung noch ist sie von einem Wissenschaftszweig vorgegeben und von mir nacherzählt. Die Quelle ist unser Denken, es ist die Fähigkeit durch Intuition die universelle Gedankenwelt mit der konkreten Wahrnehmungswelt zu verbinden.

Ich habe hier ein Rhombendodekaeder aus Eichenholzfurnier gemacht. Alle Ansichten sind verschieden und doch ist alles der gleiche Körper.
Wer angeregt durch diese Ausführung die Gestalt des Granats (Rhombendodekaeder) besser verstehen will, gelangt vielleicht anhand der obenstehenden Bilder zu einer besseren Vorstellung dieses Raumkörpers.
1.3 Die Fichte
Die Intuitionsfähigkeit am Beispiel der Fichte (Rottanne).

Wenn sich die Rottanne frei im Raum entfalten kann, kommt ihr Formprinzip am besten zur Geltung. Wenn physische Bedingungen dies verhindern, passt sie sich den Gegebenheiten an.
Wer sich unter eine Fichte stellt mit dem Rücken zum Stamm, den Kopf aufwärtsrichtet und nach oben schaut, erkennt einen Strahlenkranz. Die Äste stecken wie Pfeilen im Stamm. Wer Fichtenholz kennt, weiss, dass der Ast viel härter und widerstandsfähiger ist als das umgebende Holz. Der Ast und das umgebende Holz sind kaum miteinander verwachsen. Man gewinnt den Eindruck, dass dort, wo sich der Ast befindet, das Holz des Stammes zurückweicht und den Ast wie einen Fremdkörper umfliesst. Äste im Holz können sogar herausfallen.

Einmal fand ich im Wald einen morschen Baumstrunk einer Fichte. Ich weiss nicht, wie lange er schon dort lag. Als ich den Strunk in die Hand nahm, fiel mir auf wie leicht er war. Da er von Ungeziefer völlig ausgehöhlt war, konnte ich hindurchsehen. Dann entdeckte ich, was dem Auge sonst verborgen bleibt, die Fortsetzung der Äste im Innern. Den oben beschriebenen Strahlenkranz fand ich im Inneren des Stammes wieder. Als härteste Einlagerung hatte er dem Zersetzungsprozess widerstanden. Die Äste liefen auf einen Punkt zu, der aber nicht mehr materiell sichtbar war.
Das Bildeprinzip des Strahlenrades liegt dem ganzen Baum zugrunde. Rechts im Bild (unten) habe ich das "Rad mit den Speichen" gezeichnet und rechts daneben ist ein Ästchen. Stellt man sich weiter vor, wie dieses Rad durch die vertikale Wachstumskraft auseinandergezogen wird, so erkennt man, dass die "Speichen" (hier Äste) dem Bildeprinzip treu bleiben, der jeweilige Neigungswinkel der Äste wird über die Vertikalausdehnung "verschleppt". Somit ist das Strahlenrad sowohl in der Vertikalen als auch in der Anordnung der Nadeln am Ästchen deutlich erkennbar.

Wird die Tanne durch einen Sturm entwurzelt, wird das Wurzelwerk tellerförmig und kreisrund aus dem Boden gerissen. Das Formprinzip findet sich im Wurzelbereich wieder. Wächst der Baum dagegen in steilem, felsigem Gelände, sieht der Wurzelbereich oft anders aus. Auf einer Wanderung im Zürcher-Oberland fand ich eine Rottanne, die den Kampf des "Sich Aufrichtens" auf besondere Weise gewonnen hatte (Bild links). In der Rofflaschlucht umschlossen die Wurzel gar einen Felsen (Bild rechts) und am Rande eines Bachbetts, wichen die Wurzel zweier Tannen einem kleinen Findling aus (Bild links)

Der Baum entfaltet seine Gestalt im "Irdisch-Wässrigen" und im "Luft-Licht-artigen-Raum". Er verbindet diese beiden Seinsbereiche. Die Wurzelzone lebt in der Auseinandersetzung mit vielen Widerständen. Die Krone dagegen entfaltet sich in der klaren Anordnung ihrer Glieder.
Zusammenfassend könnte man sagen: Die Fichte manifestiert in der Krone, im Stamm, in den Ästen, bis in die Nadeln "Strahlkräfte". Im Wurzelbereich zeigen sich dagegen "Bewegungskräfte", die in der Auseinandersetzung mit der Erdennatur "fliessend" oder "strömend" erscheinen können.

Ich habe viele Bäume gezeichnet und aquarelliert, nicht um "Bildchen" von ihnen zu sammeln, denn dann hätte ich sie besser fotografiert. Durch die zeichnerische Auseinandersetzung habe ich mich viel intensiver mit ihrer Gestalt verbunden. Eine Gestalt, der viel reicher ist als ein einzelnes Bild vermitteln kann. Das Bild kann uns nur ein anregender Wegweiser sein, unsere Aufmerksamkeit auf das Wesen des Baumes zu lenken, dessen Gestalt nicht sinnlich, sondern nur geistig, durch Intuition, erfasst werden kann.
Grösse und Alter
Eine Ficht wächst etwa 30 cm pro Jahr. Wie hoch wird eine Fichte im Alter von 800 Jahren? 800 x 30 (cm) = 24'000 cm = 240 m. Meine Rechnung ist absolut richtig! Nur wird eine Fichte in der Schweiz maximal 300 Jahre alt und maximal 40 bis 50 Meter hoch.
Ich mache diese Bemerkung in Zusammenhang mit dem Alter der Erde und all den Erdprozessen, die Millionen oder Milliarden von Jahren gedauert haben sollen. Die Lebenszeit der Fichte ist überschaubar. Die Berechnungen der Erdprozesse sind absolut richtig, aber nicht mehr überschaubar. Welche Faktoren wurden bei diesen Berechnungen nicht (oder noch nicht) berücksichtigt? Diese Vorstellungen können wieder über den Haufen geworfen werden, wenn heute noch unbekannte Parameter in den Berechnungen fehlen!
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